An einem spätsommerlichen Tag im September 2022 unternahmen wir einen Ausflug nach Bad Karlshafen, die nördlichste Stadt Hessens an der Mündung der Diemel in die Weser. Wir trafen uns an der Bushaltestelle „Hafenplatz“ beim Bootshafen.
Schon hier bekamen wir einen ersten Eindruck von der kunstvollen Stadtanlage im Stil des Weserbarocks. Die Kernstadt von Bad Karlshafen ist nämlich nicht historisch gewachsen, sondern eine Planstadt, die der Landgraf Karl von Hessen-Kassel 1699 zur Ansiedlung vertriebener Hugenotten (französische Protestanten) erbauen ließ. Zunächst nach dem nahen Berg „Sieburg“ benannt, trägt sie ab 1717 zu Ehren ihres Gründers den Namen „Karlshafen“.
Nachdem das Hafenbecken viele Jahre trocken lag, wurde es es von 2016 bis 2019 instandgesetzt und hat über eine Schleuse wieder Verbindung zur Weser. Kleine Boote können so mitten in der Stadt anlegen. Das markanteste Bauwerk am Hafen ist das historische Rathaus mit seinem mächtigen Walmdach und dem Dachreiter in der Mitte, das einst dem Landgrafen bei Besuchen als repräsentative Unterkunft diente.
Vom Hafen gingen wir über die Weserstraße und danach an der Schleuseneinfahrt entlang zum 1901 erbauten und 1986 renovierten Pegelhaus am Ufer. An seinen Wänden sind Markierungen angebracht, die an besonders hohe Wasserstände erinnern. Bei unserem Besuch führte die Weser allerdings nach wochenlanger Trockenheit extremes Niedrigwasser: am Pegelstab im Schleusenbecken stand das Wasser gerade mal bei 40 cm. Von der Wendeltreppe am Pegelhaus blickten wir über die Schleuse hinweg auf das Fahrgastschiff „Hessen“ an seinem Liegeplatz, die Mündung der Diemel und den Hugenottenturm, einen 1913 erbauten Aussichtsturm über den Hessischen Klippen.
Auf der Kurpromenade zwischen dem linken Weserufer und dem Kurpark gingen wir weiter flussaufwärts, immer wieder begleitet von blühenden Blumenwiesenstreifen. Am anderen Ufer erstreckt sich ein beliebter Campingplatz und dahinter die Gartenstadt, die etwas später als die Altstadt erbaut wurde, um weiteren geflohenen Hugenotten Wohnraum zu schaffen.
Am Ende der Uferpromenade erinnert ein Gradierwerk an die Zeit des Salzhandels in Bad Karlshafen, nachdem 1730 der Apotheker Jacques Galland Solequellen entdeckt hatte. Um aus der Sole beim Sieden mehr Salz gewinnen zu können, pumpte man sie hoch und ließ sie durch die aufgeschichteten Dornenzweige des Gradierwerks hinab rieseln. Dabei verdunstet ein Teil des Wassers, und schwerlösliche Mineralien wie Gips und Kalk lagern sich an den Zweigen als sog. Dornstein ab, was der Salzqualität zugute kommt. Unten floss die aufkonzentrierte Sole in einer Rinne zu den Siedebecken ab. Heute dient das Gradierwerk als Kureinrichtung dazu, die Luft mit Soletröpfchen anzureichern und so die heilsamen Wirkungen von Meeresluft hervorzurufen.
Zwischen der 2004 eröffneten, von einer neu entdeckten Solequelle gespeisten Weser-Therme und dem Kurzentrum der Fachklinik „Carolinum“ führt die Kurpromenade hinauf zur Mündener Straße, auf der wir dann wieder Richtung Altstadt zurückgingen. Die weißen Häuser aus der Zeit des Barock prägen das Stadtbild und machen die Innenstadt zu einem Schmuckstück. Auch fielen uns die zahlreichen Antik-Läden ins Auge: wer schöne alte Sachen mag, wird in Bad Karlshafen auf seine Kosten kommen.
Nach einer Kaffeepause unter einer alten Ulme auf der Terrasse von Kromes Backstube mit Blick auf den Hafen blieb noch etwas Zeit für einen Besuch des Rathauses zum Abschluss unseres Mikroabenteuers. Im Foyer veranschaulicht ein maßstabsgetreues Modell die symmetrische und repräsentative Stadtanlage, und der Garten hinter dem Rathaus erfreute uns mit vielen blühenden Rosen.
Fazit: Mit seinem nach langer Vernachlässigung wieder gut gepflegten historischen Stadtkern ist Bad Karlshafen ein lohnendes Ausflugsziel; der Barockhafen und die Saline verströmen maritimes Flair mitten im Weserbergland.